Gründungsväter und -mütter

„Ich bin bereit zu fahren“

1966 waren Kontakte zwischen Deutschen und Israelis keineswegs selbstverständlich und offizielle, dauerhafte Kontakte erst recht nicht. Als im Herbst 1966 der Kreisjugendring mit Jugendleiter*innen der Jugendverbände die 1. Studienreise durchführte, bestand der einzige Kontakt in der Begegnung mit den Verantwortlichen des Jugenddorfs Neurim, das im Kreis Emek Hefer liegt. 

 Als Helmut Peter, Leiter der 1. Studienreise bei dieser Begegnung mit Erzieher*innen des Jugenddorfes Hadassa Neurim die Frage stellt, ob Beziehungen denkbar seien, konnte es von israelischer Seite nur eine Antwort geben: Nein!! Die Menschen in Israel waren noch nicht bereit für Begegnungen, der Schmerz noch zu groß, angesichts des Völkermords an über 6 Millionen Juden.

Dass es ausgerechnet eine Überlebende des Ghetto Theresienstadt und des KZ Auschwitz ist, Edna Amit,die bereit ist, ins Siegerland zu kommen, ist mehr als erstaunlich. 

 Helmut Peter, der Leiter der Studienreise, beschreibt 2006 die Situation von damals so:

„Die Stunden der Diskussion in Neurim werden die deutschen Teilnehmer wohl nie vergessen. Obwohl sie kein Wort verstehen konnten, war es greifbar, was hier so heftig diskutiert wurde. Plötzlich stand die Überlebende von Auschwitz, Edna Amit, auf und sagte auch deutsch „Ich bin bereit zu fahren“.

Ihre Bereitschaft nach Deutschland zu fahren, in das Land der Täter, kann als der Durchbruch für Kontakte ins Siegerland angesehen werden. Ohne ihre Bereitschaft wäre es bei einer Studienreise geblieben. Offiziell wurde der Kontakt zu Deutschland nicht beschlossen, aber es wurde toleriert, dass Begegnungen stattfinden sollten.

Als Edna Amit, ihr Mann Arie und der Leiter des Jugenddorfes Neurim, Abraham Neori mit seiner Frau Tirza sowie Meir Shur 1967 nach Siegen kommen, werden sie von Landrat Hermann Schmidt empfangen. Hier werden die Grundlagen für regelmäßige Beziehungen gelegt. Nach einer zweiten Studienreise des Kreisjugendringes 1968, kommt 1969 eine erste Jugendgruppe mit 33 Jugendlichen aus dem Kreis Emek Hefer nach Siegen. Im Jahr 1970 reisen erstmals Jugendliche aus dem Siegerland nach Emek Hefer in Israel.

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